Hypno­therapie bei Immun­störungen

Psychoneuro­immunologie

Die Psychoneuro­immunologie erforscht, wo die Schnitt­stellen von Gehirn und Immun­system liegen, und wie etwa Stress den Körper beeinflusst, baut somit auch eine Brücke zwischen Labor­medizin und Psychologie/
Psychotherapie. In der entsprechenden Forschung ist es deshalb von großer Bedeutung, den Menschen in seiner Gesamtheit zu betrachten, also nicht nur Laborwerte, sondern auch psychologische Aspekte des Lebens wie soziale Beziehungen, Gefühle und Gedanken zu berücksichtigen, da bei jeder körperlichen Erkrankung die Psyche eine mehr oder minder wichtige Rolle spielt.

Theoretischer Hintergrund

Störungen des Immunsystems stellen zum einen eine eigene Gruppe von Erkrankungen dar und sind zugleich auch ursächlich an einer Vielzahl von anderen somatischen Störungen beteiligt. Deshalb sind psychotherapeutische Optionen der immunologischen Modifikation in der Psychosomatik von zentraler Bedeutung. Und gerade hypnotherapeutische Ansätze sind hierbei von hoher klinischer Relevanz, weil sie auf verschiedene Weise wichtigen Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie Rechnung tragen.

Eigentlich kann man sich das IS wie ein Orchester vorstellen: die Schönheit der Musik entsteht im Konzert durch das harmonische Zusammenspiel der verschiedenen Instrumente. So arbeitet auch das IS: die gelungene Funktion entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel der verschiedenen Immunzellen, welche durch Zytokine und andere Faktoren miteinander kommunizieren. Die meisten pharmakologischen Strategien zur Immunmodulation mit Zytokinen gleichen daher dem einfachen Lauterwerden eines Instrumentes: dies führt nicht notwendigerweise zu höherem Hörgenuss.

Lange Zeit galt das Immun­system (IS) als autonom regulierter Organkomplex. Und das, obwohl Louis Pasteur schon 1878 einen Zusammen­hang von Stress und verminderter Immunleistung nachweisen konnte, indem er mit Milzbrand infizierte Hühner durch Untertauchen in eiskaltem Wasser stresste und einen schwereren Verlauf der Infektion im Vergleich zur Kontrollgruppe beobachten konnte (Buske-Kirschbaum 1990). In den späten 20er Jahren des letzten Jahr­hunderts begannen russische Forscher erstmals, Experimente zur Konditionierung des Immun­systems durchzuführen (Metal`nikov 1926). Obwohl diese frühen Studien zur Konditionierbarkeit des IS mit methodischen Mängeln wie fehlender Kontrolle, sehr kleinen Untersuchungs­gruppen oder mangelhafter statistischer Auswertung behaftet waren, müssen sie doch als die ersten systematischen Versuche zur Beeinflussung der Immun­reaktivität durch Lernprozesse betrachtet werden.

Ohne Kenntnis dieser frühen Experimente berichtet die Arbeitsgruppe um Robert Ader von einer zufälligen Entdeckung im Rahmen einer Untersuchung zur Konditionierung einer Geschmacksaversion (Ader 1981). Da diese Experimente zur Konditionierbarkeit des IS hervor­ragend zum Schaffen einer behandlungs­förderlichen Einstellung beim Patienten dienen, seien sie etwas ausführlicher dargestellt.

In diesem Lernprotokoll ist eine einmalige Paarung einer aversiven, häufig zu Übelkeit führenden Substanz (UCS) mit einer neutralen Flüssigkeit (CS) ausreichend, um eine heftige Aversion gegen das sonst bevorzugte Getränk hervor­zurufen. Ratten wurde eine Kombination der noxischen Substanz Cyclophosphamid (UCS) mit einer neutralen Saccharin­lösung (CS) verabreicht, wobei die Saccharin­konzentration unterschiedlicher Experimental­gruppen variierte. Bei späteren Reexpositionen des CS zeigt sich wie erwartet eine konditionierte Geschmacks­aversion gegen die Saccharin­lösung, die sich in einer signifikant reduzierten Flüssigkeitsaufnahme manifestierte. Ein unerwarteter Effekt war jedoch, dass eine überzufällig hohe Anzahl an Experimentaltieren starb, wobei die Mortalitätsrate mit der zuvor erhaltenen Saccharin­konzentration korrelierte. Eine Hypothese zur Aufklärung des beobachteten Phänomens war, dass eine konditionierte Suppression der körpereigenen Abwehr aufgrund einer Assoziation des ebenfalls immun­suppressiven Cyclophosphamid mit der Saccharinlösung erfolgt war. Bei den späteren Darbietungen des konditionierten Stimulus ist es in diesem Falle zur Unter­drückung der Immun­reaktivität bei den Experimentaltieren und somit zu einer erhöhten Anfälligkeit für pathogene Erreger gekommen (Ader 1974). In einer Folgestudie zur Überprüfung oben genannter Vermutung konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass nach einmaliger Koppelung einer neutralen Saccharin­lösung (CS) mit der immun­suppressiven Substanz Cyclo­phosphamid (UCS) eine spätere Darbietung des konditionierten Stimulus allein zu einer Suppression des Antikörpertiters auf zuvor applizierte Schafserythrozyten (SRBC) führt. Bei Placebotieren sowie unkonditionierten Tieren fand sich kein vergleichbarer Effekt. Sie zeigen einen erhöhten Antikörper­spiegel als Folge der antigenen Stimulation durch SRBC (Ader 1975).

Diese Ergebnisse stützen die frühere Hypothese der Arbeitsgruppe und sprechen für eine Modifizierbarkeit immunologischer Prozesse durch Lernen, wodurch ein neues Verständnis von Immunprozessen erforderlich wird.

Gemäß der bisherigen Erkenntnisse der Psycho­neuroimmunologie (PNI) bedarf es regelmäßigen Trainings, um mit Hypnose einen nachhaltigen immun­modulatorischen Effekt zu erzielen (z.B. Ader 1981).

Historisch betrachtet ist die Immunmodulation das älteste Einsatzgebiet der Hypnose: Warzen werden seit langer Zeit „besprochen“, eine effektive Trancemethode.


Content freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dipl. Psychologe Harald Krutiak.

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